ExtenNach den neuesten Forschungen über die frühe kirchliche Organisation in unserem Bereich ist die Exter Kirche noch vor dem Jahre 800 n. Chr. von Würzburg aus gegründet worden, und zwar noch während der Sachsenkriege (772-804). Der erste Bau, der wahrscheinlich eine Holzkirche war, soll zwischen 770 und 790 erbaut worden sein. Dieses erste Gotteshaus war eine Taufkirche. In ihr wurden Taufbewerber, die zwischen Vlotho, Schötmar, Lügde und Hameln wohnten, getauft. Die Kirchengemeinde Exten war eine Ur-Gemeinde des damaligen „Osterburggaues“ und gehörte zum Archidiakonat Ohsen des Bistums Minden. Im allgemeinen weisen Forscher diesem Osterburggau, für den urkundlich die Orte Exten, Möllenbeck, Ottbergen (wüst, bei Möllenbeck) und ein Roda gennant werden, die heutigen Kirchspiele Exten und Möllenbeck zu. Vermutlich kam der Osterburggau vom Missionsbezirk Paderborn später zum Bistum Minden.

In einem Aufsatz des Extener Pfarrers Henrich Busse, der zwischen 1604 und 1650 entstanden sein muss, wird die Bedeutung der Kirche in Exten sichtbar:

"Es ist von denen Senioribus jam in Domino defunctis berichtet, daß mann aus der Graffschaft Lippe, auch noch von Schöttmar her, allhier zur Kirche gegangen und gekommen sey. Auch haben sie, die Seniors wollen sagen, daß Sie von Ihren Eltern und Großeltern gehöret: Wie Ihre Pastores der Nonnen auf dem Stifts-Hofe zu Rinteln Pröbste gewesen, die Ihre damalige Sacra verrichtet und allemal Sich bey Ihnen aufgahlten hätten. Dahero es denn auch gekommen, daß die Pfarre hierselbst zu Exten mit so geringen Intraden versehen, wovon der Pastor ehrlich und kümmerlich zu leben."

ExtenZur Zeit der Christianisierung der Sachsen war Exten ein Mittelpunkt der Missionsarbeit. Von hier aus wurden die anliegenden Gebiete missioniert, weitere Gemeinden gegründet und Kirchen gebaut. Exten als Urpfarre ist demnach älter als das Stift Möllenbeck. Die Kirche zu Exten ist somit das älteste Gotteshaus im schaumburgischen Wesertal. Das heutige Gebäude stammt bis auf den 1548 erneuerten Turm aus dem 12. Jahrhundert.

Das Grundstück, auf dem die Kirche steht, ist ein alter Thingplatz. (Als Ding (Thing, germanisch) wurden Volks- und Gerichtsversammlungen nach dem alten germanischen Recht bezeichnet. Die deutsche Bedeutung von Ding (englisch: thing) als Sache leitet sich von der dort behandelten Rechtssache ab). Der Ort, an dem eine solche Versammlung abgehalten wurde, heißt Thingplatz . In der folgenden Zeit blieb von der ursprünglichen Bedeutung nur noch das Gerichtswesen übrig. Um die Akzeptanz der christlichen Kirche zu erhöhen, wurden zahlreiche Kirchengebäude an traditionellen Dingstätten errichtet. Wer sich dem Ding entzog, war dingflüchtig und konnte dingfest gemacht, das heißt festgenommen werden.)

Der ganze kirchliche Grundbesitz gehörte der Sippe Widukind, die im Wesertal über große Besitzungen verfügte. Später wurde das Kirchengrundstück mit den dazu gehörenden Ländereien dem Bischof in Minden übereignet. Die Führung der Gemeinde lag zuerst in den Händen der Missionare, die aus Würzburg gekommen waren. Dann kam Exten vermutlich unter die Aufsicht des Bischofs zu Paderborn und wurde später dem Bistum Minden unterstellt. Im Jahr 1287 wurde die Kirche zu Exten durch den Bischof von Minden dem Jakobskloster in Rinteln übertragen.

ExtenDas Gotteshaus war zuerst dem Hl. Kilian geweiht. Kilian, ein irischer Missionar, kam im 7. Jahrhundert in das Frankenland. 689 erlitt er in der Nähe von Würzburg mit zwei Landsleuten den Märtyrertod. Sehr früh wurde er als Heiliger verehrt und zum Schutzpatron von Kirchen gewählt. Der Legende nach wurde die Ermordung von Gailana initiiert, der Frau des fränkischen Herzogs Gozbert von Thüringen. Sie war die Witwe seines Bruders und ihre Heirat mit Gozbert galt daher nach christlicher Anschauung als Blutschande. Kilian drängte den getauften Herzog, die Verbindung aufzulösen. Gailana nutzte eine Abwesenheit ihres Mannes, den Bischof und seine beiden Gefährten ermorden zu lassen. Die Leichen wurden im Pferdestall der Herzogsburg (an der Stelle der heutigen Neumünsterkirche) verscharrt. Dort wurden sie im Jahr 752 gefunden und als Reliquien erhoben.

Pfarrer Vogel aus Lügde schreibt im "Heimatbuch des Kreises Höxter 1925" über die Kilianskirche in Lügde folgendes: "Der Name des Patrons ist ein weiterer Beweis für das sehr hohe Alter der Kirche. Der hl.Kilian ist der Diözesanpatron des Bistums Würzburg. Dorthin gehörte auch unsere Gegend, bevor in Paderborn ein selbständiges Bistum gegründet wurde (um 800). Die beiden ersten Paderborner Bischöfe Harthumar und Badurad waren in Würzburg erzogen und geweiht. So kam die Verehrung des hl. Kilians, des Apostels der Franken, ins Sachsenland. Er war der erste Patron des neuen Bistums Paderbron und ist es geblieben bis zur Überführung der Reliquien des hl. Liborius nach Paderborn im Jahre 836. Es ist deshalb sehr wahrscheinlich, daß die Kilianskirchen im Paderborner Land zu den ältesten des Bistums gehören und sämtlich in der Zeit vor 836 gegründet worden sind."

Im 13. Jahrhundert wurden die beiden Heiligen Cosmas und Damianus die Schutzpatrone des Gotteshauses. Cosmas und Damian sind Märtyrer zur Zeit des Kaiesers Diokletian gewesen. Sie behandelten ihre Patienten unentgeltlich, und wurden deshalb "Anargiroi" genannt, d. h. die kein Silber nahmen.

In einer Geschichte heißt es: „Cosmas und Damian waren arabische Zwillingsbrüder, geboren zu Ägea in Zilizien. Sie waren berühmte Ärzte und heilten mehr durch die Kraft des hl. Geistes als durch ihre medizinische Kunst…..“

Es wird angenommen, dass in jener Zeit in dem Kirchspiel die Pest wütete. Um vor ihr gerettet zu werden, so vermutet man, wurden die beiden Ärzte Cosmas und Damianus die Schutzpatrone der Kirche. Ihre Standbilder standen seit der Reformation bis etwa 1850 unten im Kirchturm. Danach wurden sie, genau wie zwei wertvolle Kruzifixe aus Exten, in das Universitätsmuseum nach Marburg gebracht. Beide Kruzifixe sind romanisch und stammen aus dem 12./13. Jahrhundert. Die Extener Gemeinde hat sich bisher vergeblich bemüht, diese Kreuze zurückzuführen.

ExtenIm Frühjahr 1936 wurde der Fußboden des Kirchenschiffes um etwa 30 cm niedriger gelegt, um den Altarraum mehr hervortreten zu lassen. Bei dieser Arbeit stieß man auf riesige Steinplatten, die über den alten Grüften lagen. Hier hat der Edelhof etwa 600 Jahre lang seine Toten bestattet. Als man die östliche Gruft öffnete, sah man noch Sargreste und Schädel darin liegen. An einer anderen Stelle fand man noch zwei vollständig erhaltene Zinkschilder, aus deren Inschriften hervorgeht, dass u. a. in dieser Gruft eine 1781 gestorbene Freifrau Roeder von Diersburg, eine geborene Gräfin von Wartensleben und ihre 17 Jahre alte Tochter beigesetzt wurden. Eine weitere Inschrift bezeichnet das Grab von Hermann von Wartensleben und seiner Frau. Als die Kirche 1964/65 renoviert wurde, stießen die Handwerker beim Einbau der Heizung während der Erdarbeiten auf eine große Steinplatte inmitten der Kirche. Die Maße dieser Platte sind ungefähr 3 x 6 Meter und 40 Zentimeter stark. Da die Platte ihrer Größe wegen nicht heraustransportiert werden konnte, wurde sie in die Südwestecke des Kirchenschiffs geschoben. Sie liegt dort unter dem Holzfußboden. Die Vermutung liegt nahe, dass die Platte das Fundament der ersten Holzkirche in Exten war. Damit scheint erwiesen zu sein, dass das jetzige Gotteshaus über der Taufkapelle gebaut worden ist. Da hier weit und breit solche großen Steinplatten nicht zu finden sind, ist anzunehmen, dass sie auf dem Wasserweg nach Exten transportiert wurden. Diese Steinplatte diente vielleicht als Altar, auf dem die Germanen oder Kelten ihren Göttern geopfert haben.

ExtenDas Gotteshaus bringt nach der letzten Renovierung die rein romanische Form des alten Baues voll zur Geltung. Es ist eine einschiffige Kirche mit einem erhöhten Chorraum und halbrunder Apsis. Diese halbrunde Apsis ist einmalig in unserem Kirchenkreis; sie ist das Charakteristikum der Extener Kirche.

ExtenDer dicke quadratische Turm war im 16. Jahrhundert zum Teil eingestürzt. Wie die Inschrift auf der westlichen Seite zeigt, wurde der Turm 1548 wieder aufgebaut. Die dem Schiff zugekehrte Wand ist ein Rest des alten Turms und hat noch ein doppeltes romanisches Schallfenster.

Von der früheren reichen Malerei-Ausstattung des Gotteshauses ist nichts erhalten geblieben. Ein sehr wertvolles geschnitztes Altarbild, das auf vielen Ausstellungen zu sehen war, wurde 1883 an einen Kunsthändler Müller in Düsseldorf für 60 Mark verkauft, um die Gemeindekasse aufzufüllen. Wo sich dieses Kunstwerk heute befindet, ist unbekannt.

ExtenDer letzte Schmuck aus alter Zeit ist auf der Nordseite des Altarraumes das gotische Sakramentsschränkchen mit der Darstellung des Schweißtuches der heiligen Veronika. Der Altar ist wahrscheinlich das älteste Heiligtum in diesem Gotteshaus. In ihm ist eine Vertiefung (Sepulcrum) zur Aufbewahrung der Reliquien. In ihr ruhten einst Reliquien des heiligen Kilian und des Cosmas und Damianus. Das alte Sigillum (Abdeckplatte mit den vier Nietstellen) ist noch vorhanden und verdeckt heute die Vertiefung im Altar. Wer vor diesem Altar steht, soll wissen, dass er vor dem ältesten Tisch in Exten steht. Seit über 1200 Jahren wird hier das Brot des Lebens ausgeteilt.

ExtenAuf der Brüstung der Orgelempore hängen die vier Wappen der Familien des Edelhofes, der westlich der Kirche liegt.  Das erste Wappen gehört der Familie von Eckersten, die bis 1543 hier saß. Ein Horn ist ihr Wappenzeichen. Der Familie von Wartensleben gehört das zweite Wappen. Es ist der herausspringende Wolf aus dem Busch. Einer Sage nach war ein Vorfahre der von Wartensleben Knappe im kaiserlichen Dienst. Bei einem Marsch durch den Wald soll er einem Mitglied der kaiserlichen Familie vor einem aus dem Wald herausspringenden Wolf das Leben gerettet haben. Auf diese Tat hin wurde der Knappe geadelt. Das dritte Wappen mit dem Löwen ist das der Familie Grimmell. Ein reicher Handelsherr aus Bremen hatte den Edelhof, der durch die Verschuldung derer von Wardenburg zur Versteigerung gekommen war, gekauft. Der neue Besitzer brachte den Edelhof zu neuer Blüte. Das vierte Wappen mit den beiden Sternen gehört der Familie von Meien, die das Erbe Grimmells übernahm.

ExtenAm 7. März 1702 schenkte Elmerhaus von Wartensleben, der spätere General der braunschweigischen Armee, der Kirche eine Orgel. Die Orgel steht heute unter Denkmalsschutz. Auf der rechten Seite des Barockprospektes steht das Jahr 1733. Sie soll von Christian Klausing aus Herford gebaut worden sein. Die Orgelbaufirma Hammer in Hannover datiert die ältesten Orgelpfeifen aber schon in das 16. Jahrhundert zurück. Damit ist erwiesen, dass Exten um 1550 zur Zeit der Reformation bereits eine Orgel gehabt hat. Es erklingen im Gotteshaus Stimmen, die 400 Jahre alt sind. Das Orgelwerk hat 12 1/2 Register, geteilte Laden, die es dem Organisten ermöglichen, Trio zu spielen. Somit ist die Orgel ein Unikum unter den Orgeln weit und breit. Die neue Orgel wurde am 17. Dezember 1967 geweiht.

ExtenIn der alten Chronik der Kirchengemeinde Exten wird berichtet, dass die Kirche in den früheren Jahrhunderten ein hervorragendes Geläut aus drei Glocken gehabt haben soll. Die große Glocke soll auf Befehl des damaligen Landesfürsten ihrer Größe und ihres Klanges wegen in die Residenzstadt Kassel gebracht worden sein. Eine andere Erzählung berichtet, dass Feinde die große Glocke geraubt hätten. Auf dem Transport zur "Chur - Cöllnische Residenz der Stadt Bonn sey selbige im Rhein versunken". Diese Berichte können auf ihre Wahrheit hin nicht geprüft werden. Was aus der zweiten Glocke geworden ist, ist unbekannt. Die dritte Glocke des alten Geläuts wurde ein Opfer des 1. Weltkrieges. Sie stammte aus dem Jahre 1587 und hatte folgende Inschrift:

Ist Gott mit uns, woll kann den widder uns sin,

Johann Pock, Herr Arend Flöge, Hinrich Schnüll, Cord Bruns, Nolte Megger

MDLXXXVII H.S.T.C.V.H.

Sie trägt den Namen des ersten evangelischen Pastors in Exten, Pastor Flöge, und der Männer, die für die Einführung der Reformation in Exten eingetreten waren. Der Bibelspruch deutet auf die Schwierigkeit der Einführung der Reformation in Exten, aber auch auf die Standfestigkeit und Furchtlosigkeit der Männer im Kirchspiel Exten hin. Es ist anzunehmen, dass die Reformation während der General-Visitation 1563, die Graf Otto von Schaumburg in seiner Grafschaft hielt, in Exten eingeführt worden ist.

(Quelle: Gerhard Thon/Pastor Beyer/Walter Maack und www.kirche-exten-hohenrode.de)

Aus der Zeitung vom 17.03.1900:

Exten, 17. März 1900. In den letzten Jahren hat unsere Gemeinde, was die Pfarrei anbelangt, manche bedeutende Änderung erfahren müssen. Ihr langjähriger Seelsorger, Pastor Niemeyer  verstarb am 1. November 1897 plötzlich am Gehirnschlage. Nicht lange darauf, am 30. März 1898 brannte das Pfarrhaus vollständig nieder, sodaß ein Neubau erforderlich war. Dieserhalb konnte bis auf weiteres die Stelle nicht besetzt werden, wurde deshalb vom 1. November 1897 bis zum 1. September 1899 von Herrn Pastor Reese und von da bis jetzt von Herrn Pastor Waltemathe mit äußerst segensreicher Thätigkeit verwaltet. Da das Pfarrhaus bis auf das Anstreichen sowie die Malerarbeiten fertig gestellt, wurde es gestern von den Mitgliedern des großen Presbyteriums besichtigt und abgenommen. Der Bau darf als gelungen betrachtet werden; das Haus ist äußerst geräumig und bequem eingerichtet. Es wird in nächster Zeit von unserem künftigen Pfarrer, Herrn Pastor Schlitzberger aus Obernkirchen, bezogen werden. – Wie ungemein segensreich der Einfluß ist, der aus einem frommen, protestantischen Pfarrhause ausströmt, wie äußerst schadend hingegen das Gegenteil auf Sitte und Gewohnheit des Dorflebens einwirken muß, ist hinlänglich bekannt. Das Pfarrhaus soll ein Muster sein für alle Gemeindemitglieder, sodaß ein jeder sein Leben danach regeln kann. Das Pfarrhaus muß ein Hort christlicher Liebe, ein anregendes Vorbild sein für das Familienleben, für Eltern und Kinder. Möge denn der liebe Gott geben, daß auch aus dem neuen Hause dieser heilige Segen ausströme, solange es noch eine protestantische Pfarrfamilie in sich birgt! Das walte Gott.