Exten (cok). Ein altes Weib in Schaumburger Tracht steht vor ihrem Fachwerkhaus im Extener Gallenort, abgebildet auf einer 130 Jahre alten Schwarz-Weiß-Fotografie, die von einer auch bereits 80 Jahre alten Frau in der Extener Heimatstube abgegeben wurde. Viele historische Fotos landeten dort gestern an, freudig eingesammelt von Museumsleiter Jürgen Maack, der anlässlich des „Internationalen Tags des Museums“ zusammen mit vielen anderen Extenern ein Dorffest auf dem Anger veranstaltete.
Die mit so viel Liebe und Engagement gehegte und gepflegte Heimatstube Exten hatte selbstverständlich ihre Türen weit geöffnet, und unter den Besuchern, die durch dieses beispielhafte Dorfmuseum wanderten, waren immer wieder solche, die Fotos von früheren Schulklassen und Konfirmandengruppen für das Archiv abgaben. „Wir wollen, dass sich möglichst jeder Dorfbewohner in unserem Museum wiederfindet“, so Jürgen Maack. „Jetzt werden wir versuchen, möglichst alle Namen der Kinder und Jugendlichen herauszufinden. Je mehr Menschen dabei mithelfen, desto stärker wird die Bindung zur Heimatstube.“ Ihn interessieren auch Fotos aus der Gegenwart des alltäglichen Dorflebens: „Natürlich! Wir müssen ja vorsorgen für die Zukunft.
Wenn das Museum auch in 30 Jahren noch besteht, hat man dann schon, was man braucht.“ Jemand brachte Bilder vom Hochwasser aus dem Jahr 1937 vorbei. Die werden, wie so viele andere Fotodokumente, mit weiteren Fotos zu großen Schaubildern komponiert. Neuestes Vorhaben, für dessen Umsetzung auch das Bild von der alten Frau vor ihrem Haus nützlich ist: Hausansichten von damals und heute einander gegenüberzustellen. Während Jürgen Maack drinnen in der Heimatstube Besucher betreut und Lisa Künne an einem Webstuhl aus dem 18. Jahrhundert zeigt, wie viel Fleiß dazugehört, aus feinem Leinenfaden ein Handtuch zu weben, wird draußen fröhlich gegessen und getrunken und zwischen verschiedenen Stationen hin und her gewechselt, an denen Ausschnitte aus der Geschichte des Dorfes zum Leben erwachen.
Besenbinder aus Warmsen binden breite Reisigbesen, wie man sie nutzte, um Hof und Tenne zu fegen; Wolfgang Ehrlich hat die Schmiede angefeuert, um eine schwere Ahle, eine dicke Eisennadel für die festen Fäden der Besenbinder zu schmieden. Willy Deppings prächtige Traktoren aus vergangener Zeit schmückten den Platz, und wenn er es aus Sorge um seine Schmuckstücke auch nicht gerne sah, so eroberten sich doch immer wieder Kinder einen Platz hinter dem Steuer. Buchautorin Renate Maschmeier war an ihrem Stand ständig umringt von Besuchern, die sich für ihre Autobiographie „Weidenkäpsle – Zwischen Plumpsklo und Korbmacherbude in Exten“ interessierten, eine lebhafte Erzählung mit vielen Fotos aus der Zeit, als Korbmacher, Messerschmiede und Spatenbauer die handwerkliche Szenerie des Dorfes bestimmten. Auch die Spinnweiber durften nicht fehlen, ebenso wenig wie Korbflechter und Holzdrechsler. Was sich auf dem Museums-Fest sehr schön zeigte: Dass Menschen unterschiedlichsten Alters eine Dorfgemeinschaft bilden. Die Kinder wurden auf eine Rallye geschickt, mit interessanten Aufgaben, die Guido Schaper für sie zusammenstellte: Die Brücken des Dorfes sollten gezählt und das Wappen der von Meiens beschrieben werden, man sollte herausbekommen, was ein „Anger“ ist und wo sich größere Handwerksbetriebe befanden.
Am späteren Nachmittag rief die Ortsfeuerwehr zu Zielübungen mit der Wasserspritze auf. Ortsfremde Besucher, aber auch Bürger Extens begleiteten Bernd Kirchhoff auf einen langen Spaziergang durch das Dorf, bis hin zum Unteren Eisenhammer. „Es kommt nicht so oft vor, dass Einheimische mich auf einer Dorfführung begleiten“, so Kirchhoff. „Aber immer wieder staunen sie, wie viel sie bisher noch gar nicht gewusst hatten.“
Wer sehen will, wie damals im Unteren Eisenhammer in Hitze und Lärm die berühmten Extener Spaten hergestellt wurden, hat dazu an Pfingsten Gelegenheit. Dann wird das Schmiedewerk vor Publikum in Betrieb genommen.
© Schaumburger Zeitung, 21.05.2012